Ganzheitliche Entwicklung

Aufwachsen, aufwachen, aufräumen

Ken Wilber, Philosoph und Begründer der Integraltheorie, hat als Erster postuliert, dass Menschen, die eine ausgewogene Entwicklung anstreben, sich drei großen Aufgaben zu widmen hätten:

  • Aufzuwachsen – damit ist gemeint, auf menschlicher Ebene zu reifen, seine biografischen Themen aufzuarbeiten, erwachsene Liebes- und Beziehungsfähigkeit zu entwickeln.
    Die Auseinandersetzung mit dem „inneren Kind“ und dem „inneren Kritiker“ (Super-Ego) sind wichtige Bestandteile dieser biografischen Arbeit, ebenso die Ebenen der Reife, die wir im Rahmen unserer Arbeit in den „4 Punkten der Balance“ zusammengefasst haben. Aufwachsen heißt sowohl, sich in seinem menschlichen Sosein umfassend kennenzulernen und total anzunehmen, als auch, innere Stabilität und Disziplin zu üben und sich in seinen destruktiven Verhaltensweisen zügeln zu lernen.
    Hier beschäftigen wir uns mit den Stadien des Aufwachsens und lernen über Bewusstseins-Strukturen.
  • Aufzuwachen – damit ist die spirituelle Ebene gemeint, also ein Hinauswachsen über die biografisch erworbenen Konditionierungen der Ego-Persönlichkeit (die wir im Rahmen unserer Arbeit oft mit dem Bild des gewohnten „Schrebergartens“ beschreiben). Wir machen direkte Erfahrungen, die uns zeigen, dass unser Horizont weit über unsere persönliche Identität hinausgehen kann. Wir erleben uns als Mitgeschöpfe gegenüber anderen menschlichen, aber auch nicht-menschlichen Geschöpfen; oder als eine wahrnehmende Präsenz, als einen Raum, den das Leben in Form von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen endlos durchströmt.
    Hier beschäftigen wir uns mit den Stufen des Aufwachens und lernen über Bewusstseins-Zustände.
  • Aufzuräumen – damit ist gemeint, dass wir die inneren Erkenntnisse und Erfahrungen aus den beiden vorangegangenen Kategorien so in unser tägliches Sein integrieren, dass sie zu einem selbstverständlichen verkörperten Bestandteil unseres Lebens werden. Wenn wir innerlich wachsen, ist es bisweilen unumgänglich, dass wir auch im äußeren Leben mit alten, nicht mehr passenden Dingen aufräumen müssen: das betrifft z.B. persönliche Lebensumstände, Arbeit, Beziehungen, Freundschaften, eigene Gewohnheiten und Prioritäten.
    Hier beschäftigen wir uns mit der Umsetzung im Leben und lernen, wie wir es so gestalten, dass es unsere Entwicklung unterstützt.

 

Ken Wilber weist darauf hin, dass es sich bei den Punkten „Aufwachen“ und „Aufwachsen“ um zwei verschiedene Entwicklungsstränge handelt, die voneinander unabhängig sind (wiewohl sie sich gegenseitig begünstigen).

So gibt es Menschen, die im Leben auf stabile und reife Art funktionieren können, ohne einen Zugang zur spirituellen Dimension zu haben, und auf der anderen Seite spirituell hochentwickelte Menschen, bei denen man die sonderbarsten geistigen Verirrungen feststellen kann.

Die Landkarten des Aufwachens (z.B. im Rahmen einer spirituellen Praxis) sind tausende Jahre alt, während die Landkarten des Aufwachsens erst mit dem Beginn der modernen Entwicklungspsychologie vorliegen, also noch keine hundert Jahre alt sind. So kommt es, dass die meisten Therapien (die Landkarten für das Aufwachsen entwickelt haben), nichts über die Landkarten des Aufwachens wissen, und alle alten spirituellen Schulen (die Landkarten für das Aufwachen entwickelt haben), nichts über die Landkarten des Aufwachsens.

Ken Wilber folgert daraus, dass die Spiritualität der Zukunft beide Dimensionen mit einbeziehen muss, wenn es um wahrhaft umfassende und ganzheitliche Entwicklung gehen soll.

Es ist für uns schön zu sehen, dass wir im Rahmen unseres Instituts schon von Anbeginn an versucht haben, alle Dimensionen zu verbinden und sie auch persönlich zu erforschen und dass dieser Ansatz heute ein grundlegendes Qualitätsmerkmal unserer Arbeit darstellt.

Im derzeitigen Stadium unseres Wirkens sind wir mehr denn je darauf ausgerichtet, diese Dimensionen noch tiefer zu erforschen, für uns als Individuen, als gemeinsam lebendes und arbeitendes Paar und gemeinsam mit allen unseren Teilnehmer*innen.